Flächentragwerk
1. Definition
Flächentragwerke sind Elemente, deren Dicke im Verhältnis zu den Seitenlängen viel kleiner ist.
2. Platte
Definition und Tragverhalten
Platten sind Flächentragwerke, die hauptsächlich senkrecht zu ihrer Ausdehnungsebene belastet werden.

Die Belastungen und Auflagerkräfte wirken senkrecht zur Mittelfläche. Je nach Lagerungsart und Seitenverhältnis wird zwischen einachsig und zweiachsig gespannten Platten unterschieden. Ihre Momente können mithilfe von Tafelwerken, zum Beispiel nach Czerny, in Abhängigkeit der Lagerungsart und Stützweitenverhältnisse ermittelt werden.
Einachsig gespannte Platten
Einachsig gespannte Platten sind jene Platten, die nur an zwei sich gegenüberliegenden Seiten gelagert sind. Der Lastabtrag kann mit mehreren parallel angeordneten Biegeträgern verglichen werden. Auch hier wird die Last über einachsige Biegung zu den Auflagern getragen. Durch das monolithische Verbinden der Balken zu einer Platte findet neben der einachsigen Biegung eine Verteilung bei Einzellasten statt.

Zweiachsig gespannte Platten
Im Gegensatz zu einachsig gespannten Platten können zweiachsig gelagerte die Lasten sowohl in Längs- als auch in Querrichtung abtragen und somit größere Lasten aufnehmen. Das Tragverhalten kann zum Beispiel vereinfacht anhand eines Balkenkreuzes, einem sogenannten Trägerrost, beschrieben werden.

Bei einem quadratischen Grundriss wird die Last zu gleichen Teilen auf die Auflager verteilt. Gegenüber dem einachsigen Lastabtrag reduzieren sich die Auflagerkräfte und die Feldmomente

Ab einem Seitenverhältnis von 1:2 wirken auch vierseitig gelagerte Platten wie einachsig gespannte Platten, da der kürzere Balken wesentlich steifer wirkt und die Last über die kürzere Spannweite abgetragen wird.
Lagerungsarten
Die Ränder werden frei, gelenkig oder eingespannt gelagert. Die Lagerung kann linienförmig oder punktuell ausgebildet werden.

Anwendungsbeispiel
Platten werden vor allem als Geschossdecken eingesetzt und können auch als durchlaufende Platten oder Kragplatten ausgeführt werden.
3. Scheibe
Definition und Tragverhalten
Scheiben sind ebene Flächentragwerke, welche ausschließlich in ihrer Ebene, d. h. in Richtung der Mittelfläche, belastet werden.

Scheiben werden durch Normalkräfte und Schubkräfte beansprucht. Bei sehr schlank ausgeführten Scheiben kann es je nach Lagerungsart zum Ausknicken oder Beulen kommen.
Wandartige Träger
Scheiben werden oft im Hochbau eingesetzt und dort als wandartige Träger bezeichnet. Die Abgrenzung zum Balken erfolgt über die Querschnittsabmessungen. Bei einem einfeldrigen System ist z. B. ihre Höhe größer als die Hälfte der Spannweite. Bei diesem Seitenverhältnis ergibt sich der für wandartige Träger typische Spannungsverlauf mit Druckzone.

Durch ein Stabwerkmodell in der Scheibenebene lässt sich der Lastabtrag verdeutlichen. Bei Stahlbetonbauten werden diese Druck- und Zugkräfte durch den Beton bzw. Stahl aufgenommen. Befinden sich Öffnungen in einer Scheibe, müssen die Stabwerkmodelle und die daraus resultierende Bewehrungsführung entsprechend angepasst werden.

Lagerungsarten
Scheiben können zweiseitig, dreiseitig oder an allen vier Seiten linien- oder punktförmig gelagert sein. Falls eine Scheibe nur an einer Seite gelagert ist, muss diese Lagerung wegen der Aussteifung als Einspannung ausgeführt werden. Wandscheiben können auch mehrfeldrig als Durchlaufträger ausgeführt.
Anwendungsbeispiel
Durch ihre geringe Verformung, bzw. große Steifigkeit, eignen sich Scheiben zur Aussteifung von Bauwerken. Besonders bei Skelettbauten können sie als Wandscheiben zur vertikalen Aussteifung dienen.
4. Schalen
Definition und Tragverhalten
Schalentragwerke sind Flächentragwerke, die einfach oder doppelt gekrümmt sind. Ihr Tragverhalten setzt sich aus dem der Scheibe und der Platte zusammen. Der Lastabtrag bei Schalen erfolgt durch Membran- und Biegetragwirkung. Falls die Lasten vornehmlich über Membrankräfte abgetragen werden, ist eine hocheffiziente Ausnutzung des Querschnittes gegeben.

Schalenformen können auf unterschiedliche Weise entstehen, z. B. durch parallele Translation einer ebenen Kurve entlang einer weiteren Kurve (Translationsschalen) oder durch die Rotation einer ebenen Kurve um eine Rotationsachse (Rotationsschalen). Beispiele für eine Translationsschale sind Tonnenschalen (einfach gekrümmt) oder Paraboloide (doppelt gekrümmt). Zylinder- und Kegelschale sind einfach gekrümmte Rotationsschalen, während die Kugelschale eine doppelt gekrümmte Rotationsschale ist. Hier verlaufen die Kräfte entlang des Meridians und der Ringe, welche in Abhängigkeit des Winkels Zug- oder Druckringe sind.

Bei Schalentragwerken dient die Schlankheit zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit und wird aus dem Quotienten aus Krümmungsradius der Fläche und ihrer Dicke bestimmt. Des Weiteren werden Schalentragwerke in Kontinuum- und Gitterschalen unterschieden.
Da Schalentragwerke dünn und vorwiegend druckbeansprucht sind, können sie „ausknicken“, was bei Schalen als Beulen bezeichnet wird. Für die Berechnung von Schalentragwerken können Stabilitätsuntersuchungen notwendig werden.
Kuppeln und Gewölbe
Bevor mithilfe von Bewehrungen im Beton Zugkräfte und somit Momente aufgenommen werden konnten, verwendete man Kuppeln und Gewölbe als Alternative zu gewöhnlichen Deckenplatten. Im Gegensatz zu Schalen können sie allerdings nur Druckkräfte aufnehmen. Kuppelformen werden wie Rotationsschalen durch Rotation einer Bogenschar um eine vertikale Achse gebildet. Gewölbe weisen verschiedene Formen auf, zum Beispiel gibt es Tonnengewölbe, welche durch die Aneinanderreihung von Bögen entlang zweier paralleler Auflager gebildet werden, oder Kreuzgewölbe, welche punktförmige Widerlager aufweisen.



Anwendungsbeispiel
Der T3-Pavillion ist ein Schalentragwerk. Er besteht aus 4 sogenannten HP-Schalen, die mittig auf einer Stütze gelagert sind.