Daten und Fakten
Ort:
Aachen, Kongressstraße 23
Baujahr: 1924
Architekt: Prof. Th. Veil, O.Nauhardt
Tragwerksplaner: Karl Walter Mautner
Nutzung: Autogarage
Material: Beton
Tragwerksgeometrie: Linientragwerk
Nutzungstyp: Technik-/Nutzbau
Bautyp: Halle
Objektwirkung: Geheimer Ort
Kurzbeschreibung
Immer wieder stößt man, meist zufällig, auf Bauwerke, die zu ihrer Entstehungszeit wegen ihrer neuartigen Form oder Konstruktion bekannt wurden, dann aber in Vergessenheit gerieten. Dazu gehört die 1924 errichtete Lastkraftwagenhalle bzw. Kongressgarage. Das von dem Bauingenieur Karl Walter Mautner und den Architekten Theodor Veil und Otto Nauhardt geplante Gebäude befindet sich im Osten der Aachener Innenstadt. Da es nur über den Innenhof eines schmalen Wohnhauses zugänglich ist, ist dieses Bauwerk trotz seiner beeindruckenden Bauart relativ unbekannt. Es handelt sich nach unserer Kategorie um einen „geheimen Ort“.
Die Fassade - ehemals in rotem Ziegelsichtmauerwerk mit breiten waagrechten Betonstreifen - ist heute verputzt und weiß gestrichen. Die ursprüngliche Symmetrie mit der mittig angeordneten Zufahrt ist nicht mehr erkennbar. Im Gesamteindruck wirkt die eigentlich so imposante Halle heute eher wie eine gewöhnliche Garage. Verstärkt wird dieser Eindruck durch ein 1976 errichtetes Wohnhaus, das die räumliche Wirkung des Bauwerks auf den umgebenden Stadtraum stark reduziert. Tritt man in die Halle, so ist man überwältigt von dem riesigen Raum. Ursprünglich wurde die Halle für das Abstellen von Lastkraftwagen der Kohlengroßhandlung Hubert Einmal errichtet. In den Gebäudezwickeln im Erdgeschoß außerhalb der Kuppel befanden sich Reparaturwerkstätten, Öllager und Lager für Material und Werkzeug. Von der zentralen Garage hatte der aufsichtsführende Meister eine gute Übersicht über die aktuell untergebrachten Wagen. Im 1. Obergeschoß waren außerhalb der Kuppel Ateliers und eine Meisterwohnung untergebracht, die über die Treppentürme erreichbar waren.
Tragwerksgeometrie
Der Baustil erinnert an die Kuppel der Jahrhunderthalle in Breslau, die von 1911-13 errichtet wurde. Jedoch sind die Abmessungen mit 24 Meter Spannweite und 7,90 Meter Höhe deutlich geringer ausgefallen als beim vermeintlichen Vorbild, das mit einer Spannweite von 65 m und einer lichten Höhe von 35 m bis zum oberen Druckring aufwartet. Seit den 70er Jahren dient die Kuppel als Garage. Die über die Zeit veränderte Nutzung zog auch Anpassungen am Gebäude mit sich. Dabei wurde der Ästhetik keine Beachtung geschenkt. Die Wirkung der ursprünglichen Fassade ging durch das Verputzen verloren. Eingriffe am Tragwerk wurden teilweise ohne bautechnischen Sachverstand durchgeführt. Ein Teil des Bogens wurde hier ausgebrochen, um die Durchfahrt zu vergrößern. Auch bei der Installation von Rohrleitungen und Leuchtstoffröhren überwogen pragmatische Aspekte. Die gravierenden Eingriffe in die Bausubstanz fanden statt, bevor die Halle 1985 in die Liste der Aachener Baudenkmäler aufgenommen wurde. Aufgrund möglicher Setzungen wurde anstatt einer eingespannten Kuppel eine Rippenkonstruktion mit gelenkigem Anschluss an die Widerlager gewählt. Die Rippen sind mit dem Druckring biegesteif verbunden. Auf ihm thronte früher eine hohe Laterne, die der Entlüftung der Halle diente. Bemerkenswert ist nicht nur die ungewöhnliche Form der Halle, sondern auch die Art ihrer Herstellung. Die neun Hauptrippen wurden als Fertigteile vor Ort produziert. Jede Rippe hat ein Gewicht von 10 t und eine Länge von 11,2 m. Die Widerlager und alle anderen Bauteile wurden in Ortbeton ausgeführt. Bei der Montage wurden die Rippen durch ein hölzernes Lehrgerüst gehalten, das auch als Schalung für den Druckring diente. Die Oberfläche der Rippen wurde abschließend steinmetzmäßig bearbeitet, während die anderen Bauteile schalungsrau blieben.
Lastabtrag
Die vertikalen Lasten der Dachkonstruktion werden auf die kleinen Stützen unter der ehemaligen Laterne und die außenliegenden Wandscheiben abgetragen. Über den Druckring werden die vertikalen Kräfte auf die Rippen übertragen, welche sich an selbigem abstützen und sich so nicht nach innen verschieben können. Der Druckring schließt somit die Rippen zusammen. Die außenliegenden Wandscheiben sind auf kleinen Bögen, die zwischen den Rippen spannen, gelagert. Durch die kreisförmig angeordneten Bögen wird ein Ring gebildet und die Rippen werden zusätzlich ausgesteift. An den Wiederlagern werden die Kräfte aus den Rippen über gelenkig gelagerte Auflager in den Baugrund abgetragen. Die Rippen bilden somit Zweigelenkbögen. Aufgrund des gelenkigen Anschlusses ist die Konstruktion unempfindlich gegenüber Auflagersenkungen.
weitere Quellen:
Schmidt, H., Die Kraftwagenhalle der Kohlengroßhandlung Einmal in Aachen, Beton und Stahlbetonbau 101(1), 2006, S. 61 – 64.
Bearbeitet durch: Architektouren Team