Die Rurbrücke in Mausauel ist eine für Fußgänger und Radfahrer gebaute Holz-Bogenbrücke und befindet sich auf dem beliebten Ruruferradweg der aus dem Nationalpark Eifel in den Kreis Düren führt. Mausauel selbst liegt in der Nähe von Obermaubach, das bekannt ist durch ein großes Staubecken, das eine zentrale Bedeutung für die Region hat. Geprägt von den Ausläufern der Eifel, zeichnet sich die Landschaft durch starke Topographie aus. Entlang der Rur erstreckt sich eine vielfältige Waldlandschaft, die die Region entscheidend verändert. Die Arbeit mit dem Werkstoff Holz hat hier Tradition: Ein Großteil der lokalen Wohnhäuser bedient sich dem hiesigen Baumaterial.
Die Brücke wurde im Jahre 1993 für 250,000 € durch den Kreis Düren bei dem Ingenieurbüro Lorenz Cornelissen in Auftrag gegeben. Hier war der Einsatz der in der Region vorhandenen Hölzer eine Grundbedingung. In einem persönlichen Gespräch verrät Lorenz Cornelissen, dass hinter dem Entwurf der Brücke mehr steckt als der funktionale Wunsch einer Rurüberquerung. Die ablesbare, strukturierte Konstruktion verleiht der Brücke eine rationale, objektive Attraktivität und die Wahl einer Bogenform fügt die Brücke als Landschaftsobjekt harmonisch in die Natur ein.
Tragwerksgeometrie
Die Tragkonstruktion besteht aus zwei zueinander geneigten Bögen aus Lärchenholz in filigraner Dreigelenkbogenkonstruktion. Vertikal geneigt, hängen an den beiden Bögen acht Zugstangenpaare, die ebenfalls aus dem besonders witterungsresistenten Lärchenholz bestehen und die Verkehrslasten ähnlich einer Flächenlast auf die Bögen verteilen. An ihrem Ende nehmen Biegeträger in Zangenkonstruktion die Kräfte auf. Oberhalb dieser Biegeträger läuft die Fahrbahn als Durchlaufträger hinweg.
Ausgesteift wird die Brückenkonstruktion zum einen durch die Neigung der Bögen gegeneinander und zum anderen sowohl durch Windverbände in den Drittelspunkten der Brücke als auch eine zweifach diagonal verlegte Brettchenschalung, die gleichzeitig die Dachhaut der Brücke bildet. Die zueinander geneigten Bögen sind jedoch mehr als nur ein konstruktiver Kniff des Ingenieurs. Die Neigung hat zur Folge, dass sich die Brücke in Ihrer Raumwirkung zurücknimmt, während man sie überquert. Die Einbindung in die Natur ist hierdurch viel stärker, als es bei parallelen Bögen der Fall wäre. Man baue schließlich keine Autobahnbrücke im Ruhrgebiet, so der Ingenieur. Die gelenkig ausgebildeten Auflager sind so konzipiert, dass sie die tangential zur Bogenform anfallenden Kräfte ausschließlich als Normal-Druckkräfte in den Boden leiten.
Eine besondere Schwierigkeit stellte sich den Ingenieuren bei der Konstruktion dieser Brücke. Mit dem Auto ist die Brücke nicht zu erschließen, lediglich zwei schmale Wanderwege führen zu ihr. Man machte es sich zu Nutze, dass die Rurtalbahn entlang der Rur verläuft und transportierte bei Nacht die benötigten Bauteile so nah wie möglich an die Baustelle. Von hier aus ging es mit Sattelschleppern weiter. Mit großen Einsatz wurden insgesamt 3 Kräne durch die unbefestigten Wege gesteuert, bei denen ein ansässiger Bauer so manches Mal mit dem Traktor die festgefahrenen Sattelschlepper befreien musste. Trotz des großen Aufwandes, konnte die Anlieferung nur von einer Seite der Rur erfolgen. Da keiner der Kräne groß genug war, um die Holzbögen in Gänze über den Fluss zu hieven, bedienten sich die Ingenieure einer oft vernachlässigten Eigenschaft des Holzes: Es schwimmt. Mit Seilen befestigt, wurden die Bögen auf die andere Seite des Ufers gezogen und aufgerichtet. Danach wurden die vertikalen Zugstäbe mittels einer am Kran hängenden Gondel montiert. Daraufhin wurden von einem selbst gebauten Floß aus die Zangenkonstruktionen eingehängt, bis schließlich die hölzerne Fahrbahn aufgesetzt werden konnte.
Der diagonal verlegte Holzbelag dient jedoch nicht nur zur Aussteifung der Konstruktion, ein derart ausgebildetes Fugenbild sorgt für den optimierten Wasserabfluss bei Niederschlägen. Vor Niederschlägen müssen auch die Holzbögen schützt werden, sodass die Planung einer Metallabdeckung von Anfang an Planungsbestandteil war. Mit einem regelmäßig strukturierten Fugenbild fügt sich sogar die Blechabdeckung in die strukturelle Logik der Brücke ein, und ermöglichte das schadensfreie Überdauern der Brücke seit nunmehr 24 Jahren.
Lastabtrag
Das Bauwerk ist für Fußgänger und Radfahrer errichtet. Wirkende Verkehrslasten sind klein im Verhältnis zum Eigengewicht oder horizontalen Lasten, haben aber Einfluss auf die dynamische Beanspruchung, auf die im Folgenden nicht weiter eingegangen wird. Vertikale Lasten bewirken zunächst Druck in der Fahrbahnplattenkonstruktion der Brücke. Von dort werden die Lasten weiter in die Holzbalken unter der Fahrbahn geleitet. Diese bündeln die Lasten, ähnlich wie bei einem Dachstuhl die Fußpfetten. Die an die Holzbalken gelenkig angeschlossenen vertikalen Stäbe nehmen die Druckkräfte auf. Die Stäbe sind auf reinen Zug beansprucht und geben diese Kräfte an den Bogen weiter, welcher sie als Druckkräfte in die Fundamente abträgt. Neben vertikalen Lasten treten auch horizontale auf, die hauptsächlich durch Wind entstehen. Damit das Bauwerk auch diese Lasten aufnehmen kann und sich nicht infolge der Lasten verdreht oder verformt, muss es ausgesteift werden. Zwei zueinander geneigte Bögen übernehmen die Aussteifung des Bauwerks. Zusätzlich sind zur Lastübertragung zwischen den Bögen Holzbalken eingespannt. Weitere Aussteifungselemente befinden sich unter der Fahrbahnplatte. Überkreuzte Stahlstangen verhindern ein seitliches Verdrehen oder Ausbrechen der durchlaufenden Holzbalken.
Bearbeitet durch: Christoph Porth & Johannes Müller