Daten und Fakten
Ort:
Aachen, Stadtteil Burtscheid
Baujahr: 1838-1841, Wiederinstandsetzung 1944
Tragwerksplaner: Pickel, Wittfeld, Ing.-Büro Vreden, Henneker+Pa.
Nutzung: Eisenbahnbrücke
Material: Mauerwerk, Beton
Tragwerksgeometrie: Linientragwerk
Nutzungstyp: Technik-/Nutzbau
Bautyp: Viadukt
Raumwirkung: Strukturierend/Rhytmisierend
Kurzbeschreibung
Das Burtscheider Viadukt wurde 1838–1840 als erstes großes deutsches Eisenbahnviadukt durch die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft gebaut und ist eine der ältesten noch genutzten Eisenbahnbrücken Deutschlands. Es handelt sich hierbei um einen Technikbau, den man aber nicht auf seine reine Funktionalität beschränken kann. Die Aufteilung der Bögen nimmt Rücksicht auf die vorherrschende Tektonik und fügt sich in die Landschaft ein. Seine Wirkung kann man als in der Landschaft liegendes Objekt bezeichnen. Es ist eher horizontal ausgerichtet, wirkt schwer und schneidet die Landschaft als ob Sie zwei Areale voneinander trennt. In der Tat beginnt jenseits des Viadukts die Gegend des burtscheider Kurortes, wobei diesseits eher ein städtischer Charakter zu finden ist.
Das Burtscheider Viadukt liegt auf der zweigleisigen Bahnstrecke Köln–Aachen zwischen den Bahnhöfen Rothe Erde und Aachen Hauptbahnhof. Im internationalen Fernverkehr in Ost-West-Richtung ist dies die einzige Hauptstrecke nach Belgien. Täglich verkehren hier fünf Thalys-Zugpaare zwischen Köln und Paris sowie vier ICE 3 von Frankfurt über Köln nach Brüssel (Stand 2011). Über die Brücke fährt außerdem der Regionalverkehr in Richtung Stolberg und Düren, sowie der umfangreiche nationale und internationale Güterverkehr.
Tragwerksgeometrie
Nach Plänen der Ingenieure A.E. Pickel und F. Wittfeld wurde 1838 mit dem Bau des Viaduktes über das Wurmtal (damals Kalter Bach und Warmer Bach) in Burtscheid begonnen. Am 1. September 1841 konnte die Brücke eröffnet werden. Das Bauwerk war ursprünglich 277 Meter lang und bis zu 16 Meter hoch und war vollständig aus Backstein gemauert. Ab dem östlichen Widerlager beginnen drei Bögen mit je 2,7 Meter Stützweite. Dem schließt sich eine Bogenreihe mit acht großen Bögen an, die jeweils 12,2 Meter Stützweite aufweisen. Es folgt ein so genanntes „aufgelöstes Widerlager“, ein großer Mittelpfeiler mit je vier Bögen in zwei Reihen übereinander. Danach folgen weitere elf Bögen mit je 6 Metern Stützweite. Abschließend lag am westlichen Widerlager die Überführung über die Kurbrunnenstraße. Am 16. Oktober 1944, kurz vor der Einnahme Aachens durch die Alliierten, wurde diese Überführung von einem SS-Kommando gesprengt.
Das Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete Viadukt entsprach aufgrund von Schädigungen nicht mehr den Anforderungen einer modernen Eisenbahninfrastruktur. Bereits ausgeführte Instandsetzungsmaßnahmen Mitte der 1960er Jahre zeigten nicht den gewünschten Erfolg, so dass das historische Bauwerk von 2002 bis 2005 einer zweiten Umbaumaßnahme unterzogen wurde. Die Planung umfasste Instandsetzungs- und Verstärkungsmaßnahmen des gesamten Brückenzuges, wie die Verstärkung der stählernen Überbauten sowie den Umbau und die Verstärkung der massiven Unterbauten durch neue Pfahlgründungen. Die Stirnseiten waren ebenfalls instand zu setzen und wesentliche Teile der Entwässerung sowie Abdichtung zu erneuern. Aufgrund des erstellen betrieblichen Logistikkonzepts wurden die Maßnahmen ohne wesentliche Beeinträchtigung des Bahnverkehrs durchgeführt.
Lastabtrag
Die ursprüngliche Mauerwerkskonstruktion trug alle auftretenden Lasten über die Bögen in die Fundamente ab. Durch den Stahlbetonausbau hat sich der Lastabtrag verändert: Eine Fahrbahnplatte nimmt alle Lasten auf und gibt diese an den Unterbau weiter. Von dort werden vertikale Lasten durch die Stützen und die Bögen in den Untergrund geleitet. Horizontale Lasten werden von Bogen zu Bogen in das aufgelöste Widerlager und die Dämme an den Enden des Bauwerks geleitet. Die Stahlbetonkonstruktion trägt alle rechnerischen vertikalen Lasten, so wird die Mauerwerkskonstruktion geschont und die Beständigkeit des Bauwerks sichergestellt.
Bearbeitet durch: Christoph Porth & Johannes Müller